Die Zukunft bringt: weniger Müll

Die Bürgerinitiative Aktiver Umweltschutz Ellerhoop e.V. versteht immer weniger, warum die Müllverbrennungsanlage in Tornesch-Ahrenlohe von heute 80.000 t auf zukünftig 130.000 t Verbrennungsmenge pro Jahr erweitert werden soll.

Wir haben nachgerechnet: bei Ausnutzung der beantragten Schadstoffwerte droht eine erhebliche Steigerung des Schadstoffausstoßes (Details s. unten).

Wir fordern einen Planungsstopp

Mit dem abrupten Abgang des GAB Geschäftsführers im Frühjahr 2022 und den in der Presse genannten Gründen ist die gesamte Planung zu hinterfragen und neu aufzunehmen. Es ist zu klären, ob die Planung unter objektiven Gesichtspunkten betrieben wurde. Auf jeden Fall muss die geplante Verbrennungskapazität drastisch reduziert werden.

Die Müllmenge von 130.000 t/Jahr widerspricht eigenen Angaben

Die zukünftig zu verbrennende Müllmenge in Tornesch-Ahrenlohe ist nicht nachvollziehbar und widerspricht den offiziellen Zahlen und den kreiseigenen Planungen fundamental.

  • Laut offizieller Siedlungsabfallbilanz SchleswigHolstein 2020, S. 44 mit Angaben vom Kreis Pinneberg und der GAB wird eine Jahresmenge von 60.295 t für „thermische Behandlung“ genannt. Dazu mögen Sortierreste oder Reste aus der Vergärung hinzukommen.
  • Im Abfallwirtschaftskonzept (S. 31) erstellt vom Fachbereich Service, Recht und Bauen, Kreis Pinneberg, werden für 2025 „Zusammenfassung und Prognose für Abfälle zur Beseitigung“ 82.233 t genannt. Abzüglich eines verwertbaren Anteils verbleiben effektiv ca. 70.884 t zur Verbrennung.

Auch wenn sich die beiden Werte von 60.295 t und 70.884 t unterscheiden: sie sind erheblich niedriger als die geplanten 130.000 t Verbrennungsmenge pro Jahr.

Dramatische Erhöhung von Schadstoffen & Giften möglich

Bei voller Ausnutzung der beantragten Schadstoffgrenzwerte und Beinhaltung der jetzigen Verbrennungsmenge behält sich die GAB (bei gleicher Verbrennungsmenge und je nach Schadstofffraktion) eine Schadstoffsteigerung um das 3- bis 18-fache gegenüber den 2007 in der Altanlage gemessenen Werten vor (siehe unten).

Wir fordern die Verantwortlichen vor dem Hintergrund der Vorbelastungssituation auf, den Schadstoffausstoß auf 50% im Vergleich zu heute zu reduzieren.
Eine Erhöhung des Schadstoffaustoßes trotz technischer Weiterentwicklung ist inakzeptabel.

Eine weitere Unterstützung unserer Forderungen kommt von der WHO, die für schärfere Grenzwerte von Luftschadstoffen und Feinstaub wirbt.
Die Hälfte der bundesweit mehreren zehntausend Toten hätten laut EEA theoretisch verhindert werden können, hätten alle Mitgliedstaaten die neuen Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation WHO eingehalten.

2019: Über 300.000 Tote in Europa durch zu hohe Belastung ihrer Umgebungsluft mit Feinstaub

Eine Steigerung der Verbrennungskapazität um 62 % heißt für unseren Lebensraum, und das sind weite Bereiche des Kreises Pinneberg, ein erhebliches Mehr an Schadstoffabgasen.

Es ist mit einer erheblichen Steigerung der Stickoxide, Quecksilber, Dioxine, den Boden versauernde und das Pflanzenwachstum stark schädigende Stoffe wie Ammoniak, Salzsäure usw. zu rechnen. Man denke hierbei nur an das Arboretum, das Norddeutsche Gartenbauzentrum sowie viele Baumschulen und Landwirtschaftsbetriebe im Hauptaufschlaggebiet der MVA-Abgase.

Diese und weitere Schadstoffe finden über den ausgestoßenen Feinstaub den Weg in unsere Lungen.

Die Müllmenge wird sich in Zukunft verringern

Die Müllmenge wird sich verringern, wenn das Bundesverfassungsgerichtsurteil aus 2021 umgesetzt wird und nationale und internationale Pläne und Initiativen zur Umsetzung kommen.
Die vom Kreis Pinneberg (Landrätin als Aufsichtsratsvorsitzende) geplante Erhöhung der Verbrennungsmenge berücksichtigt nicht die kommenden notwendigen Veränderungen.

  • Das Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Kimaschutz in 2021 hat die verantwortlichen Politiker und Gesetzgeber aufgefordert, endlich zu handeln, um klimaschonende Maßnahmen umzusetzen. Im Kreis Pinneberg aber soll die durch Abfallverbrennung erzeugte CO2-Menge drastisch erhöht werden. Nicht nur die über 100 Millionen € teure Verbrennungsanlage sollen die Bürger bezahlen, sondern auch die CO2-Steuer, die demnächst bei Verbrennungsanlagen von der Bundesregierung erhoben werden wird.
  • Nach der EU – Abfallrahmenrichtlinie ist die Recyclingquote für Siedlungsabfälle ausgehend von 2020 mit 50 Prozent bis 2035 auf 65 Prozent zu steigern.
    Das muss zu einer Verringerung der Verbrennungsmenge in der MVA Tornesch-Ahrenlohe führen – nicht zu einer Erhöhung.
  • Im März 2022 haben sich die Umweltminister der Welt zur Umweltversammlung der Vereinten Nationen (Unea) in Kenias Hauptstadt Nairobi getroffen.
    Im Zentrum der Verhandlungen stand ein rechtlich verbindliches UN-Abkommen zur Beendigung der Plastikvermüllung von Umwelt und Meere.
    Damit ist absehbar, dass es zu einer Verringerung von Plastikabfall kommen wird.
  • Im März 2022 hat Umweltministerin Lemke einen Plan für Kreislaufwirtschaft angekündigt.
    Das wird zu geringeren Müllmengen führen.
  • Auch der aktuelle Ukraine-Krieg zeigt unsere große Rohstoffabhängigkeit, die dringend verringert werden muss.

Die geplante Müllverbrennungsanlage mit 130.000 t ist weit überdimensioniert, da in der Metropolregion Hamburg schon eine Verbrennungsüberkapazität von 820.000 t besteht, und nach dem Neubau der Müllverbrennung Stellinger Moor sind es 1.146.000 t. Im Stellinger Moor soll nur aussortierter heizwertreicher Müll verbrannt werden, die aussortierten weniger gut zum Verbrennen geeigneten Müllmengen, im Fachjargon auch Dreck, sollen dann in Hausmüllverbrennungsanlagen verarbeitet werden. Die nächste in 16 km Luftlinie wäre die in Tornesch-Ahrenlohe!
Mülltourismus von Hamburg nach Tornesch, wer will denn das?
Wir gehen davon aus, dass die Abgeordneten des Pinneberger Kreistages nicht für einen solchen für unseren Kreis üblen Mülltourismus und die Steigerung auf 130.000 t die Hand heben werden.

Was kann der Kreis Pinneberg tun?

Wir fordern vom Kreis Pinneberg und der GAB wesentlich mehr Engagement in die Erstellung zukunftsweisender Konzepte zur Müllvermeidung (Stichwort Zero Waste), zur Verbesserung der Recyclingquote und zu Alternativen zur Müllverbrennungsanlage.

Wir vermissen und fordern ein Gesamtentsorgungskonzept für den Kreis Pinneberg für die nächsten 40 – 50 Jahre (das ist die Anlagenlaufzeit).

Auch die jüngsten Ereignisse auf dem Weltenergie- und Rohstoffmarkt müssen dabei Berücksichtigung finden. Nur einfach verbrennen – selbst bei teilweiser Energienutzung – reicht nicht mehr.

Stellungnahme des BUND SH

Der BUND-Landesverband SH hat eine ausführliche und lesenswerte Stellungnahme „zur Errichtung und Betrieb einer Abfallverbrennungsanlage als Ersatz der bestehenden Anlage in 25436 Tornesch“ formuliert.

Die drastische Erhöhung der Müllverbrennung in Tornesch-Ahrenlohe ist unbegründet, sie verhindert zukunftsweisende Entsorgungskonzepte, und sie wird viel zu teuer für den Müllgebührenzahler.

Die von der Gemeinde Ellerhoop als betroffene Gemeinde geforderte Akteneinsicht in die Gesellschafterverträge der GAB wurde vor kurzem verweigert. Dies wird geprüft werden.
Die Bürgerinitiative Ellerhoop wird sich mit allen erlaubten Mitteln gegen diese Planung wehren.

Details zum Abfallwirtschaftskonzept und den Schadstoffmengen

Auszug „Abfallwirtschaftskonzept Kreis Pinneberg.pdf“ (Seite 31)

Zusammenfassung und Prognose für Abfälle zur Beseitigung (für 2025)

Wir errechnen aus den obigen Angaben eine Menge von ca. 70.884 t / Jahr.

Haus- und Geschäftsmüllmenge64.900
Sperrmüll zur Verbrennung (ca.)

ca. 30 % von 12.790 to Sperrmüll muss verbrannt werden.
Der Rest – Holz und Metallfraktion – kann verwertet werden.
4.000
Sortierreste aus der schonenden Abfuhr384
Angelieferte Hausmüllähnliche Gewerbeabfälle
1.600
Summe70.884
Zusammenfassung und Prognose für Abfälle zur Beseitigung (für 2025)

Vergleich der Schadstoff- & Giftmengen: heute/beantragt

Bei Ausnutzung der beantragen Schadstoffwerte ergeben sich bei gleicher Verbrennungsmenge Steigerungen um das 3 bis 18 fache.

Die Zahlen der Spalte „MVA 2007 erreicht“ stammen aus letzten uns vorliegenden Umwelterklärung der GAB für 2007.

Die Werte von „MVA 2026 beantragt“ beziehen sich auf die Planwerte aus den Scopingunterlagen (aktuelle Planwerte).

FraktionMVA 2007 erreichtMVA 2026 beantragtBVT-AEW GrenzwertErhöhung* um Faktor (ca.)
Staub0,55<2-510x
CO3,915010-5012x
SO26,65205-303
HCl0,336<2-618
NOx170,4910050-1200,6
HF0,31>13
Hg0,0020,010,001-0,15
Dioxine0,0020,020,01-0,0610

Erhöhung* = rechnerische Erhöhung bei Ausnutzung des in den Scoping-Unterlagen genannten Grenzwertes gegenüber den erreichten Altanlagenwerten aus 2007.