Der Kreis Pinneberg bzw. die GAB (Ges. f. Abfallwirtschaft und Abfallbehandlung mbH) plant bis 2026 den Bau einer neuen Müllverbrennungsanlage am Standort Tornesch-Ahrenlohe.
Damit soll die Anfang der 1970 er Jahre gebaute Müllverbrennungsanlage ersetzt werden.
Der Kreis Pinneberg ist nach Landesrecht verantwortlich für die Entsorgung des Hausmülls (öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, gemäß Paragraph 17 Absatz 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz).
Der Kreis Pinneberg – 51% Eigentümer der GAB – hat die GAB in 2020 mit Vorplanungen beauftragt. Diese sollen nach unserer Kenntnis in 2021 abgeschlossen werden.
Dieser Planungsauftrag umfasst den Bau einer neuen Müllverbrennungsanlage mit 130.000 t pro Jahr (heute: 80.000 t/Jahr). Es wurde nicht erwogen, Alternativen zu untersuchen, wie z.B. den Bau einer kleineren MVA zu erarbeiten.
Der Kreis Pinneberg muss den bestehenden Entsorgungsvertrag mit der GAB bis 2026 neu ausschreiben. Es ist damit heute unklar, wo der Hausmüll verbrannt und in Zukunft entsorgt wird.
Das ist deswegen erwähnenswert, weil in Gesprächen zwischen GAB und BI eine Kapazität von 80.000 oder 140.000 t/Jahr erwogen wurde.
Warum eine Vergrößerung um über 60% auf 130.000 t/Jahr?
Laut offizieller Siedlungsabfallbilanz Schleswig-Holstein 2019 (Auszug für Kreis Pinneberg siehe unten) wird für den Kreis Pinneberg eine Jahresmenge von 58.945 t für „thermische Behandlung“ genannt. Auch wenn Sortierreste oder Reste aus der Vergärung hinzukommen: Die Differenz zu 130.000 t ist in dieser Größenordnung unverständlich.
Die Europäische Kommission hat am 11.03.2020 den Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft als Teil des „Green Deals“ der EU auf den Weg gebracht. Produkte sollen länger haltbar sein, Abfall soll vermieden werden, Wiederverwendung und Recycling gestärkt werden.
Nachdem diese Pläne bis spätestens 2021 in nationale Gesetze umgesetzt worden sind, werden diese zur Verringerung der Müllmengen auch im Kreis Pinneberg führen.
Warum wird das Bundesverfassungsgerichtsurteil nicht berücksichtigt?
Müllverbrennungsanlagen haben einen erheblichen Anteil beim klimakritischen CO2-Ausstoß.
Das Bundesverfassungsgericht hat im April 2021 dem Gesetzgeber in Bezug auf den Klimaschutz mangelnde Initiative bescheinigt, unter der hauptsächlich die junge Generation zu leiden haben wird.
Die Bundespolitik muss nun kurzfristig schärfere Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz beschließen, anstatt diese bequem in die Zukunft zu verschieben.
Wir fordern den Kreis Pinneberg zu Projekten zur Müllverringerung auf!
Neben der Bundespolitik tragen auch die Politiker im Kreis Pinneberg in Hinblick auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil eine Verantwortung.
Wir fordern den Kreis Pinneberg auf, sich mehr im Bereich der Müllvermeidung und des Recyclings zu engagieren. Damit kann die neue Müllverbrennungsanlage kleiner werden.
Kiel ist bspw. der „Zero Waste“ Initiative beigetreten und strebt eine radikale Verringerung der Restmüllmenge an.
Eine Verringerung des Restmüllaufkommens bspw. um 2% pro Jahr hätte erhebliche Wirkung! Die neue MVA wäre damit schon in Kürze stark überdimensioniert.
Wir fordern eine Halbierung der Schadstoffmengen
Wenn eine neue MVA gebaut wird, muss sie zum Schutz der Menschen erheblich weniger Gifte in die Umwelt abgeben. Die durch die MVA hervorgerufenen Vorbelastungen machen es nötig: Es muss eine erheblich bessere Filtertechnik verwendet werden, als bei der in die Jahre gekommenen heutigen MVA.
Deswegen fordern wir eine Halbierung des Schadstoffausstoßes je Schadstoff-Fraktion um mindestens 50% gegenüber den heutigen Werten.
Es gibt keine Planungssicherheit
Der aktuell laufende Vertrag zur „Durchführung der Abfallentsorgung im Verfahren nach § 22 des Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)“ läuft demnächst aus oder wird vorzeitig beendet.
Wer die Ausschreibung bezüglich der Neuvergabe gewinnen wird, ist unklar.
Und damit ist unklar, wer zukünftig und auf lange Sicht den Siedlungsabfall im Kreis Pinneberg entsorgen wird.
Es besteht das Risiko, dass die Planungskosten zu Lasten der Gebührenzahler des Kreises Pinneberg gehen und die Müllverbrennungsanlage anschließend fremden Müll verbrennt. Oder die neue MVA wird mangels Auslastung oder geringer Marktpreise zu einer teuren Fehlplanung zu Lasten des Gebührenzahlers.
50 Jahre Vorbelastung müssen berücksichtigt werden
Der Betrieb der MVA hat über 50 Jahre zu einer erheblichen Umweltbelastung geführt.
Zur Erinnerung: Dioxine kamen erst in den 80 er Jahren durch den Seveso Unfall ins öffentliche Bewusstsein.
Dioxine wurden in den Verbrennungsprozessen von Müllverbrennungsanlagen lange bis zum Einbau von Filteranlagen ausgestoßen – so auch von der MVA Tornesch-Ahrenlohe.
Jede Planung hat auf diese Vorbelastungen Rücksicht zu nehmen.
Die Bilsbekniederung muss geschützt werden
Seit jeher stellt der Betrieb der MVA in der Bilsbekniederung eine Gefahr für das FFH Habitat der Bilsbekniederung dar.
Überflutungen des Bilsbek über die Auslegungsgrenzen hinaus können zu einer Überschwemmung des GAB-Standortes und auch zu Gifteinträgen in den Bilsbek führen.
Auch durch starken Löschwassereinsatz bei Feuerwehreinsätzen kann der Bilsbek kontaminiert werden.
Alle Planungen müssen darauf Rücksicht nehmen, die Bilsbekniederung auch in extremen Situationen zu schützen und eine weitere Renaturierung dieses wichtigen Lebensraumes zu ermöglichen.
Abfallaufkommen 2019 im Kreis Pinneberg
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